Integrative Lernwerkstatt Brigittenau

Die Integrative Lernwerkstatt Brigittenau (ILB)

Dies ist mein erster Praxistag in der Lernwerkstatt Brigittenau. Da dieses Schulsystem für mich völlig neu ist, benötige ich einige Zeit, um mich darin zurecht zu finden. Die Schule ist aufgeteilt in drei Cluster. Der Eingangs-Cluster A (rot) besteht aus den Schulstufen 1-3, der Übergangs-Cluster B (gelb) aus den Schulstufen 4-6 und der Ausgangs-Cluster C (grün) aus den Schulstufen 7-8. Das B-Cluster besteht aus den drei Tandems B12, B34 und B56, die den Unterrichtsalltag autonom organisieren. Ein Tandem fasst knapp 50 Lernende zusammen. Das B12, wo ich in den kommenden Wochen das Praktikum absolvieren werde, wird stark reformpädagogisch geführt, das B34 arbeitet viel mit Plänen und im B56 wird wiederum öfters in den Stammklassen unterrichtet. Das Tandem B12 ist in drei Coachinggruppen unterteilt. Am Morgen versammeln sich die Lernenden jeweils mit ihrem Lerncoach in ihrer Gruppe und planen zusammen den Tag.
Im B-Cluster werden vier Kernfächer angeboten: Mathematik, Deutsch, Kosmisch (Biologie, Geografie, Geschichte, ...) und Englisch. Mathe, Englisch und Kosmisch werden im B12 zweifach angeboten, Deutsch dreifach. Die Lernenden besuchen am Morgen drei und am Nachmittag zwei Blöcke, wobei sie auswählen können, in welcher Reihenfolge sie welche Fächer belegen. Weitere Fächer sind Turnen, Musik, Tanz, Werken und Religion. Einmal monatlich findet unabhängig vom Wetter ein Tagesausflug in den Wald statt.
Die Koordinatorin des B-Clusters erzählt mir, dass viele Besucher, die zum ersten Mal die ILB besuchen, zunächst einmal den Eindruck hätten, hier herrsche Chaos. Dieser Eindruck entsteht besonders in den Freiarbeitsphasen. Die Lerncoachs kennen jedoch den Lernstand der Lernenden, für die sie verantwortlich sind. Da sie auch Lernende aus anderen Coachinggruppen betreuen, trifft sich das Fachteam des Tandems regelmässig zum Austausch.

Unterricht an der ILB

Am Morgen kommen die Kinder zwischen 8.15 und 8.30 Uhr in die Schule und haben Zeit, sich ihren Tagesplan zusammenzustellen. Eine Übersicht an der Wand zeigt ihnen, zu welcher Zeit welche Fächer angeboten werden. Um 8.30 findet das Morgenritual in der Coachinggruppe statt. Jedes Kind teilt mit Hilfe einer Emotionskarte mit, wie es ihm heute geht und welche Fächer es in welcher Reihenfolge besuchen möchte. Der Lerncoach notiert sich die Tagesplanungen der einzelnen Lernenden in ein Heft. Sie lenkt bei Bedarf die Einteilung, denn die Lernenden haben Vorgaben darüber, wie oft sie welche Fächer im Verlauf einer Woche besuchen müssen. Es gibt auch Lernende, die nicht in der Lage sind, sich den Tag selbst zu organisieren. Für sie werden fixe Stundenpläne erstellt.
Im ersten und dritten Block arbeite ich mit Lernenden mit sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF).
Im zweiten Block werde ich von einem älteren Schüler in der ILB herumgeführt. Er zeigt mir alle Räume und beantwortet meine Fragen. Es ist für ihn eine Art Hauptprobe, da er am Tag der offenen Tür Führungen durch die ILB machen wird.
Der Unterrichtsmorgen ist erst um 13.15 Uhr zu Ende. Das bin ich mir aus der Schweiz nicht gewohnt, da dort die Kinder um 11.45 Uhr in die Mittagspause gehen. Gleich um die Ecke gibt es einen Subway, wo ich einen leckeren Sandwich geniesse. Viel Zeit habe ich jedoch nicht, da ich mit dem Sonderpädagogen zu einem Gespräch vereinbart bin. Der Nachmittagsblock beginnt bereits wieder um 14.15 Uhr...
Im vierten Block nehme ich am Musikunterricht teil. Dies ist nach dem Morgenritual der erste geführte Unterricht, den ich heute erlebe. Zu Beginn des Blocks findet ein angeregter Austausch statt. Da ein Schüler über Mittag ohnmächtig wurde, haben die Lernenden viele Fragen dazu, auf die der Lerncoach ausführlich eingeht. Anschliessend machen wir einige Übungen zu Bodypercussion.
Im fünften und letzten Block findet Mathe statt. Ich arbeite auch hier im Auftrag des Sonderpädagogen mit einer Schülerin. Dabei kann ich nun das ZGV-Modell aus den Vorlesungen an der PH Luzern ganz gut brauchen. 😊

Schulische Heilpädagogik an der ILB

Da ca. 30% der Lernenden an der ILB sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) aufweisen, kommen auf ca. 25 Lernende zwei Lernbegleiter. Ein Sonderpädagoge ist jeweils in einem Tandem tätig und verantwortlich für die Förderung der Kinder mit SPF. Leider ist der Sonderpädagoge, mit dem ich heute sprechen konnte, gewöhnlich am Dienstag nicht in der ILB, sodass ich nicht direkt mit ihm zusammenarbeiten kann. Für das Bildungsministerium ist es zwar nötig, diese Kinder zu definieren, doch im Schulalltag bekommen auch andere Kinder seine Unterstützung. Im B12 werden alle Kinder, auf die ein besonderer Augenmerk gelegt werden muss, Augenmerkkinder genannt. Mögliche Gründe dafür können SPF, eine Krisensituation oder Verhaltensauffälligkeiten sein. Am heutigen Praxistag erhalte ich noch wenig Einblick, wie diese Lernenden explizit gefördert werden. Trotzdem erfahre ich bereits, wie mit einzelnen Lernenden gearbeitet wird.

Am 4.4.2016 wurde ein Interview mit dem Direktor der ILB, Josef Reichmayer und Verena Corazza aus dem Leitungsteam durchgeführt:



Eingang Vorgartenstrasse 50

Treppenhaus

Links Eingang zum Kosmisch-/Englischzimmer und rechts zum Deutschzimmer

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